Geschichte • Teil 4
Schulgeschichte
von Maria Patzer
In den ersten Jahren, da es noch keine Schule gab, wurden die Kinder geschult im Haus des Lehrers Karl Galster. Er unterrichte Deutsch, Mathematik, Lesen und Religion. Alle Unterrichtsstunden wurden in Deutsch gehalten und an 5 Tagen. Nach dem fünften Tag gab es einen Tag frei: z. B. Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, der Samstag war einen freie Tag, danach wieder Schulunterricht am Sonntag, Montag Dienstag Mittwoch, Donnerstag und am Freitag war der nächste freie Tag und immer so weiter. Im Dorf gab es große Familien mit bis zu 10 Kindern, die sehr arm waren. Die Kinder aus den Familien hatten nichts anzuziehen. Es konnte oft nur eins der Kinder die Schule besuchen. Die Kinder in solchen Familien teilten sich die Schuhe und Kleider. Schulbücher gab es auch nicht für alle. Die wurden von Haus zu Haus gebracht. Aus diesem Grunde wurde auch in anderen Privathäusern unterrichtet. Zusammen mit Lehrer Karl Galster lehrte Emilie Wied, sie übernahm die religiöse Arbeit mit den Kindern.
Am 31. Juli 1926 auf der Sitzung des Dorfsowjets wurde beschlossen im Jahre 1927 mit dem Bau einer Holzschule zu beginnen. Der Beschluss der Sitzung wurde an die Kreiskomission des Kreises weiter geleitet und schon am 7. August kam die Absage. Auf der Dorfversammlung, die am 4. Dezember mit 48 Anwesenden statt gefunden hatte, wurde neu beschlossen:
Baubeginn – 1927.
Kapitalfonds – Sammlung von Spenden.
Baukomission: Robert Panzilius, Christian Schütz, Johann Littau und Alexander Pempell.
Im März 1927 wurde beschlossen: mit dem Bau den Schulen in Mironowka mit der Länge 24 Arschin und Breite 12 Arschin (Arschin – altes russisches Längenmaß = 71,12cm), in Mirnoe Pole – 21 Ar. auf 10 Ar.. Baumaterial –Wiesensoden zu beginnen. Jede Schule hatte 1 Klassenzimmer, 1 Schulleiterzimmer, 1 Korridor, 1 Tambur und Abstellraum insgesamt ca. 175 m².
Die Leitung der Schule übernahm Lehrer Heinrich Kerber (Andrej F. Kerber). Andrej Franzewitsch, so wurden die Lehrer in Schulen auf russisch genannt. Der Vorname des Vaters wurde noch zusätzlich als Name verwendet. Das Fach, das er unterrichtete, war Deutsch und später auch noch Russisch. Die Schule wurde auch von Kindern aus den russischen Dörfern besucht. Die Kinder wurden in Russisch und in Deutsch aufgeteilt, es wurde in diesen beiden Sprachen unterrichtet. Die deutschen Kinder mussten noch dazu Russisch lernen und die russischen Kinder nur Russisch.
1930 wurden noch 2 Klassenzimmer mit 81 m² aus Holz an die Schule angebaut. Von der Kreis-Schulverwaltung wurde Lehrer Klassen Karl Abramowitsch zugeteilt. Unter dem gleichen Dach mit der Schule befand sich auch der Einkaufsladen. Im Laden, der sich auf russisch Lawka nannte, gab es verschiedene Waren, sowie Eimer, Schaufeln, Beile, Nägel, Streichhölzer, Salz, verschiedene Stoffe, alles was man im Dorf so brauchte.
1935 wurde russischer Unterricht eingeführt. Nach zwei Jahren wurde der Deutschunterricht fast ganz verboten. Diktate wurden selten in Deutsch geschrieben, sondern in Russisch. Lesen in Deutsch wurde auch selten. Das einzige was uns nicht genommen wurde – in der Familie zu hause deutsch zu sprechen. Leider konnte man nichts Neues dazu lernen. Die alte Muttersprache und Gebräuche wurden in den Familien weiterhin gepflegt. Andrey Franzewitsch Kerber war ein sehr strenger Lehrer. Die Kinder, die die Hausaufgaben nicht gemacht oder im Unterricht gestört hatten das waren oft die Jungs, wurden vom Lehrer bestraft. Die Bestrafung war, z.B. mit dem Lineal auf die Hände schlagen oder in der Ecke knien. Die Schläge mit dem Gummiknüppel wurden im Zimmer des Lehrers durchgeführt. Viele Kinder haben danach eine Lehre daraus gezogen. Kerber Andrej Franzewitsch führte im gleichen Jahr eine Abendschule ein. Diese Abendschule besuchte nicht nur die älteren Dorfbewohner, sondern auch junge Menschen, die nicht lesen und schreiben konnten. Dazu sollten alle auch noch Russisch lernen.
1939 wurde die vierjährige Schule in eine siebenjährige reorganisiert. In den Jahren 1937 bis 1955 besuchten von 1. bis 4. Klasse ca. 126 Kinder, von 5. bis 7. Klasse ca. 144 Kinder die Schule. Der Unterricht für das 5. bis 7. Schuljahr war morgens und für das 1. bis 4. nachmittags. In jeder Schulklasse waren bis zu 35 Schüler. Die Schule hatte ihr eigenes Pferd mit Wagen und für den Winter einen Schlitten, um die Kinder aus den anderen Dörfern zur Schule zu bringen. Die Schüler kamen aus den daneben liegenden Dörfern: Gubernsk 2,5 km; Podkowyrovka 1,5 km; Ilitschöwka 2 km; Ewgrafowka 5 km; Obnowlenie 5 km; Krasnoe Znamja 3 km; Dubrowka 3 km; Mirnoe Pole 3 km; Schefer 6 km. Das Limit im Jahre 1950 erreichte 29.000 Rubel, 1953 – 30.100 R. Für die Renovierung und den Anbau des Korridors und das Lehrerzimmers wurden 5000 Rubel ausgegeben. Die Beleuchtung war mit Kerosinlampen. Geheizt wurde in allen Klassenräumen mit Holz. Zur Schule gehörten 800 m² Garten mit Obst, Gemüse und Gewürz. Die Schule bekam ca. 20 verschiedene Zeitschriften und Hefte und aus der ausländischen Literatur gab es nur die Grimms Märchen in russische Sprache.
1957 wurde in Ilitschöwka eine neue Schule gebaut. Viele Lehrer wurden dahin überwiesen. Im Dorf gab es nur noch die Grundschule. Heute besuchen noch 20 Kinder die Schule, die 1989 gebaut wurde. Leiterin der Schule ist heute Olga Viktorovna Lijas und Lehrerin Nadeschda Micheijlowna Minina.